21. November 2024

Segnungen Am Küchentisch bei Freunden

Gut ausgeleuchtet

von Kurt Kowalsky

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Bildquelle: penofoto / Shutterstock Kein Faschingsscherz: „Ich bewerbe mich als Kandidat von den Grünen – für die Menschen in Deutschland“ (Robert Habeck)“

Dr. Robert Habeck – noch Wirtschaftsminister – bewirbt sich in einem Video als „Kandidat für die Menschen in Deutschland“.
Natürlich meint er damit nicht, dass er vorhätte, sich als Direktkandidat in einem Wahlkreis zu bewerben, um dann als parteiloser Bewerber nach allen Regeln des Wahlrechts unterzugehen. Empfiehlt doch das Grundgesetz in Artikel 21 die Cliquenherrschaft. Und er wird sich auch nicht so sehr für „die Menschen“ an sich interessieren, sondern für die Teile der Bevölkerung, die sich alle paar Jahre erneut Hoffnungen machen, mit dem Ankreuzen der „Richtigen“ die gesellschaftlichen Verhältnisse in ihrem Sinne ändern zu können. Sind sie sich doch – diese Guten – mit Robert Habeck darin einig, dass es moralisch gerechtfertigt sei, über ein bestimmtes parlamentarisches Ritual der übrigen Bevölkerung ihren Willen aufzuzwingen.
Darin unterscheiden sie sich nicht von den übrigen Wettbewerbern im politischen Zirkus. Christian Lindner, ein frischer Demokrat und am 7. November 2024 als Finanzminister entlassen, hatte nach dreijährigem Regieren mit dem Kandidaten für die Menschen eine Wirtschaftswende vorgeschlagen. Zur großen Überraschung der toten Seelen auf dem Waldfriedhof in Rhöndorf war da etwas von „Bürokratieabbau“ zu lesen. Genau den hatte der damalige Bundeskanzler Adenauer bereits 1950 gefordert und verkündet: „Jede Planwirtschaft führt notwendigerweise auf die Dauer zur Erstarrung, zum Überwuchern der Bürokratie, zur Lähmung der Initiative des Einzelnen und zur allgemeinen Korruption.“
74 Jahre später überrascht nun der frische Demokrat die Öffentlichkeit mit der Abschaffung der „Nachhaltigkeitsberichterstattung“ und der „Aufhebung des Lieferkettengesetzes“. Es ist überliefert, dass sich ein deutscher Bäcker syrischer Abstammung den Schädel an der Backstubendecke aufgeschlagen hatte, so mächtig gewaltig war sein Freudensprung. Dass dieses Zeugs erst kürzlich unter Beteiligung der frischen Demokraten verabschiedet wurde, ist dem bankrotten Bäcker nicht aufgefallen.
Die FDP hatte bereits 1982 ein „Konzept für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche“ vorgelegt, als sie einen Grund dafür suchte, sich aus der damaligen sozial-liberalen Koalition zu verabschieden, um sich der CDU anzudienen. Und kaum stellte man mit der CDU die Regierung, war von Deregulierung und Eindämmung der steigenden Sozialstaatskosten nicht mehr die Rede.

Der frisch entlassene Linder wird sich analog wohl recht sicher sein, dass seine jetzigen Vorschläge nie realisiert werden. Und by the way scheint „Wachstumsschwäche“ so eine Art Dauerseuche in der bundesdurchschnittlichen Wirtschaftspolitik zu sein. Denn von Volkswirtschaft haben die Herrschaften allesamt keinen blassen Schimmer.

Es sei daran erinnert, dass die EZB seit Juli 2022 die Leitzinsen zehnmal erhöht hatte, weil die politischen Gaukler in der Zentralbank offenbar temporäre Preissteigerungen nicht von Inflation unterscheiden konnten. Und ich habe weder Lindner noch Habeck vernommen, dass sie die Politik der EZB kritisiert hätten. Ist doch Christine Lagarde eine von ihnen: ahnungslos, inkompetent und überbezahlt.
Natürlich ist da Habeck von anderem Kaliber. Der 1969 geborene, promovierte Literaturwissenschaftler ist wohl ein Naturtalent des intellektuell verbrämten, inhaltslosen Schwätzens. Es sei ihm gegönnt.

Den Ursprung seiner Partei habe ich selbst in den stalinistischen Zirkeln Westberlins in den 70er Jahren miterlebt. „Es genügen wenige Semester geisteswissenschaftlichen Studiums“, schrieb ich einmal in einer Replik, „um Milliarden Verdammter und Heere von Sklaven aus ihrem Elend zu erlösen, ohne auch nur auf dem Flur des Instituts wenigstens einmal die Putzfrau gegrüßt zu haben.“

Quasi über Nacht hingen sie damals die Stalinplakate in den Schlafzimmern ab und stülpten sich ein Froschkostüm über. Und althergebracht ging es wieder um die „Durchsetzung der objektiven Interessen der Mehrheit“. Es erübrigt sich zu erwähnen, dass die Partei entscheidet, welches die objektiven Interessen der Mehrheit sind. Denn nur die besonders Intelligenten, die akademisch Gebildeten, können die unsichtbaren Gefahren ermessen, die den Fahrradweg in Großenwiehe sowie den Erdkreis bis hinaus zum Andromedanebel bedrohen, um sich dann, wie Münchhausen am eigenen Schopf, aus dem zuvor definierten Sumpf zu ziehen.
Und so hatten 50 Jahre später der Kandidat für die Menschen, Robert Habeck, zusammen mit dem geschassten frischdemokratischen Finanzminister Lindner unter der Führung eines vergesslichen Olaf Scholz’ den physikalischen Blödsinn Made in Germany ihrer Vorgänger im Amt perfektioniert und vollendet.

Mit wenigen Prozenten, bezogen auf die Wahlberechtigten, trieb man die Deindustrialisierung einer ehemals führenden Industrienation und die systematische Zersetzung der bürgerlichen Welt durch Neusprech, einem beliebigen Konstruktivismus, der Verkehrung von Tatsachen und der Verfolgung und Diskriminierung Andersdenkender voran. Denn Meinungsbildung im rationalen Diskurs ist nur etwas für Naive.

Mit „Ich bin hier bei Freunden in der Küche“, beginnt dann der Wirtschaftsversager mit seiner „Bewerbung“. In den Küchen meiner Freunde steht nicht zufällig ein Teleprompter und der Küchenschrank ähnelt auch nicht einem Requisit aus dem Komödienstadel. Aber den politischen Gauklern ist keine Lüge zu aufgesetzt und kein Potemkin’sches Dorf zu peinlich, als dass sie es nicht verwenden wollten.

Habeck erzählt, gut ausgeleuchtet und geschminkt, dass er als Wirtschaftsminister und Vizekanzler Probleme gelöst und Rückschläge verdaut habe. Er hätte aus seinen Fehlern gelernt und Demut von der Größe der Herausforderungen erfahren. Ja, sicher, der Andromedanebel ist 2,5 Millionen Lichtjahre entfernt und das näher liegende China ist auch nicht um die Ecke.

An der Vergangenheit gemessen, hat der Küchentischerzähler jedoch viel erreicht. Sein Heizungsgesetz ist verabschiedet. Schlimmer noch, die breite Öffentlichkeit glaubt wohl, dass es gescheitert und die Grünen zurückgerudert wären. „Ich bin zu weit gegangen“, zitierte ihn die „Berliner Morgenpost“. Keineswegs ist er gescheitert, wie die Hausbesitzer schmerzlich erfahren mussten. Und der Plan, Deutschland zu deindustrialisieren, scheint ebenfalls aufzugehen.
Ich bin übrigens ein Befürworter von dezentraler Energieversorgung. Weniger um die Welt vor dem sicheren Hitzetod zu retten, sondern um es den politischen Machthabern zu verunmöglichen, mir den „Hahn“ abzudrehen.

Das Video mit dem Küchentisch hat bei Youtube über 4.000, meist zustimmende Kommentare und über 15.000 Likes. Mein Büro verschickt in den kommenden Tagen die Betriebs- und Heizkostenabrechnungen 2023 an unsere Mieter. Kräftige Nachzahlungen stehen ins Haus. Na, da sitzt man doch als grünlackierter Kommunist und verblendeter Dummkopf gerne mit einem biologisch angebauten Kräutertee unterm Weihnachtsbaum und dankt allen Wirtschafts- und Klimaschutzministern an fremden Küchentischen für die nach der deutschen Verordnung über Heizkostenabrechnung erteilten Segnungen.


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