27. April 2016
RezensionCarlos A. Gebauer: Rettet Europa vor der EU
Wie ein Traum an der Gier nach Macht zerbricht

Die entscheidende Frage von Carlos A. Gebauer lautet: „Schadet das Projekt EU den Regierten mehr, als es ihnen nutzt?“ Die Antwort lautet: Ja! Für den Laien enthüllt sich bei der Lektüre von Gesetzestexten nicht immer deren Tragweite. Das ist besonders dann der Fall, wenn die Verfasser damit – absichtsvoll – alles und nichts regeln. Wenn verwirren statt überzeugen das Ziel ist, besteht das Ergebnis darin, dass Normalsterbliche sich der Hoffnung hingeben, das alles habe schon seine Richtigkeit. Das aber ist, hinsichtlich des „Vertrages von Lissabon“, der den Vertrag über die Europäische Union und den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union zusammenführt, nicht der Fall. Punkt für Punkt analysiert der rechtskundige Autor jenes Gesetzeswerk, das die rechtliche Grundlage der Europäischen Union bildet. Das Ergebnis ist erschreckend. Da kaum unterstellt werden kann, dass es naive Narren waren, die in bester Absicht ein je nach politischer Opportunität beliebig interpretierbares Machwerk geschaffen haben, bleibt nur ein Befund: Hier hat die pure Machtgier jede einzelne der wohldurchdachten Formulierungen bestimmt. Bei der Lektüre von Gebauers Analyse offenbart sich, dass es sich um ein Dokument zur unkontrollierbaren Selbstermächtigung der europäischen Institutionen handelt. Von der oft beschworenen Subsidiarität bleibt nichts übrig. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist Geschichte. In Brüssel spielt die Musik. In den Provinzen der EU hat man danach zu tanzen. Neben der Gesetzesanalyse bietet Gebauer einen Überblick über die Entstehungsgeschichte der Union und für den Laien hochinteressante Erläuterungen zum gesetzgeberischen Denken. Am Ende des Hauptteils präsentiert er seine Vorstellungen davon, wie die Union in eine für die Bürger gedeihliche Form umgestaltet werden könnte. Wichtigstes Element seiner Überlegungen ist die „Rückbesinnung auf das Zivilrecht“. Eine erhellende Pflichtlektüre für jeden EU-Bürger.
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