07. November 2025

Im Visier, die Waffenkolumne Maschinenpistolen gestern und heute

Ein Auslaufmodell im Kriegsgeschehen?

von Andreas Tögel

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Bildquelle: Mircea Moira / Shutterstock.com Bukarest, Rumänien – 29. Juli 2020: Details eines Beamten des Dienstes für Spezialeinsätze und Interventionen (SIAS) der rumänischen Polizei, der eine Heckler-&-Koch-MP5 hält.

Darüber, ob die ursprünglich als Bordwaffe für die Regia Aeronautica konzipierte Villar-Perosa im Kaliber 9 Millimeter Glisenti (die sich für den geplanten Einsatzzweck schnell als zu leistungsschwach herausstellte) oder die von Theodor Bergmann und Hugo Schmeisser gegen Ende des Ersten Weltkriegs für das Kaliber 9 Millimeter Parabellum entwickelte MP-18 die erste Maschinenpistole der Welt war, lässt sich streiten. Tatsache ist, dass sich die MP-18 – anders als die Villar-Perosa oder leichte Maschinengewehre – besonders gut für den Grabenkampf eignete. Bis Kriegsende wurden rund 35.000 Exemplare gefertigt und überwiegend von Sturmbataillonen eingesetzt.  

Blütezeit im Zweiten Weltkrieg

Als „hohe Zeit“ des Einsatzes von Maschinenpistolen kann der Zweite Weltkrieg angesehen werden, in dem einige ikonische Waffen dieser Kategorie eingeführt wurden. Auf deutscher Seite war das die MP-40, eine von ERMA in Erfurt und den österreichischen Steyr-Werken produzierte Weiterentwicklung der aufwendiger gestalteten MP-38 im Kaliber 9 Millimeter Parabellum. Die Waffe war mit einer einklappbaren Schulterstütze ausgerüstet und wurde mit 32 Patronen fassenden Stangenmagazinen geladen. Über eine Million dieser Maschinenpistolen wurden gefertigt.  

Die Sowjets setzten auf die PPSch-41 im Kaliber 7,62 Tokarew. Die Waffe war mit einem Holzschaft ausgestattet, wurde mit Trommelmagazin zu 71 Patronen geladen und zeichnete sich durch die hohe Feuerrate von 900 Schuss pro Minute sowie große Zuverlässigkeit auch unter widrigsten Feldbedingungen aus. Sie war deshalb auch als Beutewaffe bei deutschen Soldaten der Ostfront sehr beliebt. Rund 5,4 Millionen Exemplare dieses Typs wurden bis Kriegsende produziert. Die PPSch-41 gilt vielen Fachleuten als die beste in diesem Krieg eingesetzte Maschinenpistole.  

Bei den amerikanischen Streitkräften wurde mit der Thompson („Tommy Gun“) eine große und schwere Waffe (ungeladen 4,8 Kilogramm) im Kaliber .45 ACP eingeführt. Frühe Versionen wie die M1928A1 konnten 50 oder 100 Patronen fassende Trommelmagazine aufnehmen, wie sie aus Mafiafilmen wie „Manche mögen’s heiß“ bekannt sind. Die vereinfachte, ab 1942 gefertigte Variante M1A1 dagegen war nur für Stangenmagazine eingerichtet, die 20 oder 30 Patronen fassten. Zwischen 1,5 und 1,7 Millionen dieser MPs wurden während des Krieges von Auto-Ordnance und Savage Arms hergestellt.  

Die Briten verfügten mit der Sten Gun im Kaliber 9 Millimeter Parabellum über eine MP, die nach der Evakuierung ihrer Truppen aus Dünkirchen in kürzester Zeit entwickelt und in der Folge durch ihre Unzuverlässigkeit bekannt wurde. Die Patronen wurden von einem an der linken Seite angesteckten, 32 Patronen fassenden Stangenmagazin zugeführt. Rund vier Millionen Waffen dieses Typs wurden während des Krieges gefertigt.  

Die gegen Ende des Zweiten Weltkriegs aufkommenden Sturmgewehre wie das deutsche StG44 machten Maschinenpistolen zwar nicht obsolet, verdrängten sie aber weitgehend. Der vollautomatische Gasdrucklader StG44 verschoss die neu entwickelte Patrone 7,92 x 33 Millimeter, eine verkürzte Version der im Karabiner 98 verwendeten Munition. Diese Waffe wies den Weg für die Entwicklung des berühmten sowjetischen „Awtomat Kalaschnikowa“ (AK-47) im Kaliber 7,62 x 39 Millimeter (eine Kurzversion der Patrone 7,62 x 54 R). Von dieser meistgefertigten Waffe der Welt wurden bis dato rund 100 Millionen Stück gebaut.  

Und heute?

Dank der Verfügbarkeit handlicher Sturmgewehre bleiben für Maschinenpistolen heute nur noch wenige Nischen übrig. Dazu zählen insbesondere der Selbstschutz von Kraftfahrern, Meldern und Sanitätern sowie der Einsatz in Kommandoeinheiten, bei der Polizei und in Sicherheitsdiensten.  

Eine hervorragende, weit verbreitete Nachkriegs-MP ist die Heckler & Koch MP5 im Kaliber 9 Millimeter Parabellum. Eine echte Innovation stellt indes die HK MP7 im neuen, durchschlagsstarken, Schutzwesten brechenden Kleinkaliber 4,6 x 30 Millimeter dar. Sie ist als ein wirksames Verteidigungsmittel für in asymmetrischen Konflikten operierende rückwärtige Truppen konzipiert, die in Hinterhalte geraten und in Nahbereichsgefechte verwickelt werden können.

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Diesen Artikel finden Sie gedruckt zusammen mit vielen exklusiv nur dort publizierten Beiträgen in der am 24. Oktober erscheinenden November-Ausgabe eigentümlich frei Nr. 257.


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