04. Oktober 2025

Blick nach Amerika Porcfest 2025 in New Hampshire

Das Afuerafest für Fortgeschrittene

von Lukas Abelmann

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Bildquelle: Foto (Porcfest-Damen) von Lukas Abelmann Friedlich, nicht harmlos: Libertäre Damen

Nach 2024 war es im Juni ein zweites Mal so weit: Um am Porcupine Freedom Festival, kurz „Porcfest“, teilnehmen zu können, machten sich fast ein Dutzend freiheitsliebender Menschen aus Deutschland auf, ausgestattet mit Sonnenbrille, Mückenspray und der kribbelnden Vorfreude auf den Besuch der wohl größten und traditionsreichsten libertären Veranstaltung der Welt. Bereits bei der Anreise wurden fleißig Nachrichten ausgetauscht, sodass am Ende selbst jene, die alleine angereist waren, im vollgepackten Mietwagen saßen und Kurs nahmen auf Rogers Campground, wo die erste Überraschung nicht lange auf sich warten ließ. Da wir in der Lage waren, unser kleines deutsches Dorf durch ein heimisches Nummernschild mit der Aufschrift „Deutschland“ auch als solches erkennbar zu machen, gesellten sich über die Tage eine Handvoll weiterer Deutsche zu uns, die über die Jahre und Jahrzehnte in die USA ausgewandert waren und ihrerseits nach New Hampshire kamen, ohne je von unseren eigentümlich freien Bestrebungen und der Tradition, dem „Porcfest“ eine deutsche Delegation zu geben, gehört zu haben.

Die Erfahrungen mit anderen Zusammenkünften jener Art legen es nahe, das Porcfest durch die Linse einer Konferenz zu betrachten und zuerst die Vielzahl von bekannten Rednern zu nennen, von David Friedman bis Bob Murphy, von Scott Horton bis hin zu Connor Boyack und Ross Ulbricht, die vor Ort waren und deren Vorträge man genießen konnte. So sehr jene auch ein Teil der Erfahrung sind, sie alle treten zurück hinter dem wahren Alleinstellungsmerkmal, dieser einzigartigen Kombination aus amerikanischer Herzlichkeit und gelebter Gegenkultur. Ob es nun der anarchische Veranstaltungskalender ist, der gleichzeitig Hochkaräter der Freiheitsbewegung und gelassene Brettspieltreffen zur Wahl stellt, das Lagerfeuer, zu dem man spontan eingeladen wird, oder die von den Amerikanern jecke vorgetragene deutschsprachige Gesangseinlage, mit der wir in diesem Jahr gleich mehrmals abgefangen und bespaßt wurden: All das sind Schlaglichter auf eine unvergessliche Woche und Momente, die man im Gegensatz zu Vorträgen nicht virtuell übertragen kann.

Nun böte es sich an, an dieser Stelle noch weiter ins Detail zu gehen und meine persönlichen Erfahrungen auszubreiten. Das, lieber Leser, werden wir nicht tun. Viel lieber lasse ich die Teilnehmer, die vor zwölf Monaten nach der Lektüre auf den Online-Seiten von eigentümlich frei noch das Für und Wider eines solchen Urlaubs erörtert haben, selbst sprechen und beginne mit einem jungen Dresdner Paar, das seine Erlebnisse mit diesem Worten zusammengefasst hat: „Unser erstes Porcfest war eine wunderbare Erfahrung: Wir trafen auf offene, herzliche Menschen mit einzigartigen Geschichten und wurden mit offenen Armen empfangen. Inspirierende Vorträge über Homeschooling und 3D-Druck, eindrucksvolle Persönlichkeiten und gutes Essen am Lagerfeuer schufen den idealen Rahmen für tiefgründige Gespräche. Hier fanden wir die seltene Gelegenheit, auf einer gemeinsamen Basis zu sprechen und unsere Meinung frei zu äußern, ohne über die Schulter blicken zu müssen.“

Auch Tyll, seinerseits rheinländischer Bitcoin-Maximalist und Teilnehmer von gleich zwei Schießveranstaltungen, hielt mit seiner Begeisterung nicht hinter dem Berg, als er folgende Zeilen schrieb: „Das Porcfest ist einfach das, wovon jeder Libertäre und Bitcoiner in Deutschland träumt: Hier gibt es Circular Economies, kleine Unternehmen, Homeschooling und, ganz wichtig, Waffen. Alles läuft über alternative Währungen, also Gold und Shitcoins wie Monero. Über Bitcoin wissen die Menschen dort noch zu wenig Bescheid, deshalb hier ein Aufruf an alle Bitcoiner: Geht zum Porcfest und überzeugt die ganzen Anarchos da vom besseren Geld.“

Dass es trotz erstklassiger Redner die Atmosphäre und die menschlichen Begegnungen sind, die diese Zusammenkunft in New Hampshires Norden einzigartig machen, unterstrich der aus Brandenburg angereiste Reinhard in seinem Erfahrungsbericht: „Ganz besonders empfehlenswert sind meiner Erfahrung nach die gemeinsamen Essen und Potlucks/Barbecues, die von den verschiedenen Gruppen angeboten werden. Ich wurde zum Beispiel äußerst gastfreundlich im Zelt der North Country Porcupines (NCP) aufgenommen, in die Gespräche einbezogen und an weitere hilfreiche Kontakte weitergereicht, was mir sehr weitergeholfen hat. Schließlich und endlich finden sich auch immer wieder spontane Gesprächsgelegenheiten an den professionell betriebenen größeren Imbissen oder bei den zahlreichen über das Gelände verstreuten improvisierten kleineren Essensanbietern.“

Dass man in diesem Jahr dabei sein durfte, als am Samstag Ross Ulbricht, der Gründer des Online-Schwarzmarkts Silk Road, die Bühne betrat und einen Schlussstrich unter sein Jahrzehnt hinter Gittern zog, ließ Alex aus Regensburg auch Wochen danach nicht los. Er schreibt: „Ich weiß noch, als Ross Ulbricht vor über zehn Jahren verhaftet wurde. Damals dachte ich: ‚Den lassen sie nie wieder frei.‘ Seit ich 2023 das erste Mal auf dem Porcfest war, habe ich gesehen, wie sehr sich alle dort für Ross eingesetzt haben. Es wärmte mir das Herz, ihn dieses Jahr endlich wieder als freien Mann zu sehen. Solche Erfahrungen findet man nirgendwo. Die Community ist einfach großartig in New Hampshire.“

Schließen wir mit Tylls Schwester, Maja, die ihn begleitete, ohne selbst libertär zu sein, und dementsprechend alles durch eine ganz andere Brille sah: „Das Porcfest 2025 war mein erstes, doch definitiv nicht mein letztes. Ich wusste zuerst nicht, was mich erwarten wird, gerade weil ich noch nicht mit der libertären Szene vertraut war. Ich war lediglich offen für die Ideen. Jetzt, wo ich das Porcfest einmal miterlebt habe, weiß ich, dass Neulinge gerne gesehen sind. Ich wurde mit offenen Armen empfangen, nicht nur von den anderen deutschen Libertären, sondern auch von völlig fremden Menschen, die interessiert an meiner Geschichte waren. Diese Offenheit und die Atmosphäre, die erlaubt, dass ich mich in meiner Meinung nicht einschränken muss, hat mich sehr überrascht. Doch genau das macht das Porcfest aus. Ob bei interessanten Vorträgen, an der Bar oder einfach auf dem Weg zum Zelt – überall waren Menschen, die mit großer Herzlichkeit auf mich zukamen. Da war selbst ich als eher introvertierte Frau in stundenlange Gespräche verwickelt, in denen Erfahrungen ausgetauscht und Ideen geteilt wurden. Trotz meiner Vorsichtigkeit zu Beginn habe ich mich auf dem Porcfest zu jedem Zeitpunkt wohlgefühlt, auch mitten in der Nacht, umgeben von Fremden. Durch meine Erfahrung möchte ich gerade auch denjenigen, die noch nicht wirklich mit der libertären Szene vertraut sind, ans Herz legen, das einzigartige Porcfest einmal zu besuchen. Denn ich bin mir ziemlich sicher, wer einmal kommt, der kommt immer wieder.“

Sie hören es bereits heraus: Auch im kommenden Jahr werden wir wieder dort sein. Sollten Sie Interesse haben, uns beizuwohnen und ebenfalls in diese libertäre Parallelgesellschaft einzutauchen, so schreiben Sie mir doch eine E-Mail an Lukas.Abelmann@gmx.de. 

Information

Diesen Artikel finden Sie gedruckt zusammen mit vielen exklusiv nur dort publizierten Beiträgen in der am 20. September erscheinenden Oktober-Ausgabe eigentümlich frei Nr. 256.


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