23. April 2025
RezensionHalford John Mackinder (Autor), Wolfgang Effenberger (Autor): Mit der Geopolitik zur Weltherrschaft
Die Herzland-Theorie

Der Herausgeber Wolfgang Effenberg war zwölf Jahre in der Bundeswehr und studierte dann Lehramt (Bauwesen/Mathematik) und dozierte bis 2000 an einer Fachschule für Bautechnik. Seitdem publiziert er zur deutschen Geschichte und zur US-Geopolitik. Im vorliegenden Büchlein veröffentlicht er einen Vortrag von Halford Mackinder, einem Klassiker der angloamerikanischen Geopolitik, den dieser bei der Royal Geographical Society am 25. Janiar 1904 in London gehalten hat. Effenberg stellt die kühnen Thesen auf, dass erstens die europäische Zivilisation das Ergebnis des weltliches Kampfes gegen asiatische Invasionen ist und zweitens, dass, wer das Herzland (gemeint ist das asiatische Kernland Mongolei/Russland/China) beherrscht, die Welt beherrschen würde. Und drittens habe dieser Kampf zwischen Europa und Asien zu zwei Weltkriegen geführt und führe derzeit in den dritten Weltkrieg. Und viertens und vor allem, diese Thesen würden weiterhin die angloamerikanische globale Geopolitik beherrschen. Abgesehen davon, dass geographische Ursachen für Machtpolitik zweifelhaft sind, konnte ich diese Thesen im Vortrag von Mackinder nicht erkennen. Der Vortrag ist im Grunde ein kurzer geschichtlicher Abriss seit Kolumbus mit einer interessanten Kommentierung. Es ist sicher nicht falsch, dass Russland an die Stelle des Mongolenreiches getreten ist und dass die Ressourcen Chinas in Verbindung mit strategischen Eisenbahnen (Luftverkehr gab es 1904 noch nicht) große wirtschaftliche und damit auch militärische Macht bedeuten. Dass aber die Kontrolle dieser Landgebiete die Weltherrschaft bedeuten, wurde im Vortrag weder behauptet noch bewiesen. Im Gegenteil: Mackinger weist darauf hin, dass auch „die riesigen Potenziale Südamerikas entscheidenden Einfluss auf das System haben“. Und bereits zu Beginn des Vortrages gesteht er, dass „nur eine erste Annährung an die Wahrheit zu erhoffen ist. Ich werde meinen Kritikern gegenüber bescheiden sein.“ Mein Eindruck ist, dass Mackinger auf einen Sockel gehoben wurde, wo selbiger gar nicht stehen wollte.
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