05. November 2024
Missbrauch des Internationalen Strafgerichtshofs?: Die Korrumpierung des Völkerrechts
Menschenrechte als politische Waffe
Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag ist keine neutrale juristische Instanz mehr, sondern eine Waffe in den Händen des ‚kollektiven Westens‘, um seine Geopolitik weiter zu betreiben. Das äußert der Völkerrechtswissenschaftler und ehemalige Uno-Mandatsträger Prof. Dr. iur. et phil. Alfred de Zayas in einem Interview vom 31. Oktober 2024, das die Schweizer Zeitung „Zeitgeschehen im Fokus“mit ihm geführt hat. Dieser Gerichtshof sei eigentlich eine gute Idee. Er, de Zayas, selber habe als Völkerrechtsprofessor in Chicago zusammen mit Prof. Cherif Bassiouni an dem Statut gearbeitet und in den 1990er Jahren mehrere enthusiastische Artikel geschrieben, um die Schaffung eines Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) zu fördern. Zunächst sei er glücklich darüber gewesen, dass 1998 das Statut angenommen worden und 2002 in Kraft getreten sei. Aber die letzten 22 Jahre hätten gezeigt, dass der IStGH eine hyperpolitische Institution sei.
Anklageeinrichtung für die Gegner des Westens, der selbst aber verschont werde
De Zayas wörtlich: „Der IStGH ist eine politische Einrichtung, um die Gegner des Westens anzuklagen, während die westlichen Staaten verschont werden. Und doch trägt der Westen die Verantwortung für Aggression, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschheit in Jugoslawien, Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien. Der Westen trägt die Verantwortung für etliche Provokationen, nicht zuletzt die Zerstörung von Nord Stream 2I – alles völkerrechtswidrige Handlungen.“ Bisher sei kein einziger westlicher Politiker oder Militär angeklagt worden – nicht Jens Stoltenberg, Boris Johnson, Keir Starmer, Bill Clinton, Tony Blair, George W. Bush, Barack Obama, Hillary Clinton, Victoria Nuland, Donald Trump, Mike Pompeo, John Bolton, Joe Biden, Anthony Blinken, François Hollande, Emmanuel Macron, Angela Merkel, Annalena Baerbock, Olaf Scholz, auch nicht Gerhard Schröder, der zumindest zugegeben habe, dass er mit dem Jugoslawienkrieg das Völkerrecht gebrochen habe, und weitere mehr.
Die Korrumpierung des Völkerrechts
„Heute“, sagt de Zayas, „sind viele westliche Staaten am Völkermord in Gaza und Libanon direkt beteiligt, dadurch dass sie militärische, politische, finanzielle, diplomatische Unterstützung an den Genozidialstaat Israel liefern. Wo bleiben die Haftbefehle gegen Netanjahu und seinen Kriegsminister Yoav Gallant? Man bedenke, wie schnell der IStGH einen Haftbefehlt gegen Putin erließ, weil Putin Teile der Zivilbevölkerung des Donbass in Sicherheit brachte, um sie vor dem Kriegsgeschehen zu schützen.“ Dies dokumentiere die Umdrehung des Statuts des IStGH, die Korrumpierung des Völkerrechts – eine Absurdität –, und sei ein weiterer Beweis dafür, wie politisiert dieses sogenannte Tribunal sei.
Südafrikas Klage gegen Israel wegen Völkermords
Die Klage Südafrikas gegen Israel wegen Völkermords hält de Zayas für berechtigt (siehe untenstehenden Link). Zweifelsohne betreibe Israel einen Völkermord, nichts weniger. Der Internationale Gerichtshof (IGH, ebenfalls in Den Haag) habe drei „Orders“ erlassen (siehe untenstehenden Link), aber Israel habe dessen klare Feststellungen und Entscheidungen ignoriert. Mittlerweile würden die USA und die Europäer noch mehr Waffen nach Israel schicken, sodass Israel den Völkermord an den Palästinensern vollende. „Wenn es jemals“, so de Zayas, „einen Fall für die Anwendung der „Responsibility to Protect“-Doktrin gab – dies ist er“ (Näheres zur Schutzverantwortung siehe untenstehenden Link) Leider könne der IGH seine Entscheidungen nicht durchsetzen. Dafür wäre eine Resolution des Sicherheitsrates notwendig. Die USA hätten gegen Resolutionen, die Israel kritisieren oder Sanktionen gegen Israel verhängen würden, bisher mehr als 40 Vetos eingelegt.
Der „kollektive Westen“ hat aus Menschenrechten Waffen gemacht
Für de Zayas steht fest: „Der ‚kollektive Westen‘ beabsichtigt weiterhin, die Welt zu beherrschen, und diese Staaten bedienen sich einer verlogenen Sprache und einer monströsen Propagandamaschinerie. Sie haben aus den Menschenrechten Waffen gemacht, Waffen, um Länder wie China, Kuba, Nicaragua, Syrien, Russland, Venezuela zu verdammen, aber niemals um sich selbst anzuklagen, niemals um Israel zu verurteilen.“ Es gehe nicht um die Realität, sondern darum, wie sie „wahrgenommen“ werde. Für die große Masse in den USA und Europa seien die Palästinenser „Terroristen“. Man spreche nicht über ihr Recht auf Selbstbestimmung. Man empfinde sie nicht als „Opfer“ von großen Ungerechtigkeiten und Menschenrechtsverletzungen. Man sehe die Palästinenser als „Täter“, die bekämpft werden müssten.
Das ganze Interview mit Alfred de Zayas finden Sie hier.
Office on Genocide Prevention and the Responsibility to Protect (United Nations)
Dieser Artikel erschien zuerst auf dem Blog des Autors.
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