29. November 2024
RezensionStefan Blankertz: Ireen
Roman
Mit „Ireen“ hat Stefan Blankertz wieder einmal einen Roman vorgelegt, der geschickt geschichtliche Fakten und Fiktionen vermischt, erzählt aus der Sicht eines Regisseurs (Tom Prawon), als dieser vom Tod seiner deutlich älteren Affäre (Ireen O’Netty) erfährt. Im Folgenden wird aus Ireens Leben berichtet, geboren Anfang des 20. Jahrhunderts in Italien. Die Erzähltechnik lehnt sich an ein Drehbuch an, wenn auch vielfach Sprachbilder auftauchen, die nicht ohne Weiteres in das bildliche Medium umzusetzen sind. Somit thematisiert der Roman auch die Differenz zwischen Bild und Sprache. Diese Technik ist gewöhnungsbedürftig (daher ein Stern Abzug), da auch ein „schlechtes Gewissen“ regelmäßig spricht. Die Figur Tom Prawon dürfte dabei der Sichtweise des Autors entsprechen. Ihm dürfte es darum gehen, eigene Erfahrungen mit Idealvorstellungen, die dann auch nicht besser funktionieren als das wirkliche Leben, zu verbinden. Die oben genannte Vermischung von Fakten mit Fiktionen folgt Mario Vargas Llosas Vorgabe der Literatur als Wahrheit der Lüge oder Lüge der Wahrheit. Dies gilt auch für die Schaffung der übrigen Figuren: In ihnen weben sich tatsächliche und erdachte Ereignisse zu einem Bild, das nicht wahr ist, aber wahr sein könnte (und, in mancher Hinsicht, wahr sein sollte). Der eigentliche Wert des Werkes liegt aber meiner Meinung nach in den Thesen des Autors, die sonst in keinem seiner Werke Platz haben. Drei Zitate: „Goodman und Reich. Sie glaubten: Wenn wir die Heimlichkeit beenden, dann ist mit der bürgerlichen Eifersucht, mit dem Terror in der Kleinfamilie, mit der Seuche der Eifersucht für immer aufgeräumt.“ Und: „Sex ist der Ursprung des Lebens und ohne versiegt es und mit ihm alles Denken und alle Kunst. Make Love, Not War. Wenn du’s umkehrst, bedeutet es, dass ohne Liebe, gemeint ist hier Sex, der Krieg ausbricht. Das ist die Formel, unsere Gleichung. Wenn sie verstanden werden wird, wird es Frieden geben.“ Und: „Zweifle nie die Wahrheit einer Frau an. Das ist gefährlich und unmoralisch.“
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