26. September 2024

RezensionThomas Fasbender: Das unheimliche Jahrhundert

Vor der Zeitenwende

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Fasbender, Thomas: Das unheimliche Jahrhundert. Vor der Zeitenwende, 186 Seiten, 26,00 Euro, Manuscriptum 2022

Der Verfasser postuliert kenntnisreich und historisch weit ausgreifend das Ende vom „Ende der Geschichte“: Die Menschheit steht vor einer Zeitenwende, die vom Niedergang der Weltstellung Europas gekennzeichnet ist. Die europäische Vorherrschaft ist von zwei Schlachten markiert: Der erfolglose Eroberungsversuch von Wien durch das Osmanische Reich von 1683 stellt die letzte Bedrohung Europas durch eine nichteuropäische Macht dar und der Sieg der Japaner in der Seeschlacht bei Tsushima von 1905 markiert den ersten entscheidenden Sieg einer nichteuropäischen Macht. Die europäische Kultur wird dabei überleben, so wie mit dem Ende der Antike die griechische Kultur weitergewirkt hat und nunmehr etwa die klassische europäische Musik in Japan gepflegt wird. Zu den zahlreichen interessanten Aspekten der essayistischen Darstellung zählt die Vermutung, dass sich die USA in der bekannten Weise entwickelt haben könnten, weil sie sich auf dieses machtpolitisch maßgebliche Europa ausrichten mussten. Sollten sich die USA etwa auf Asien ausrichten müssen, könnten sie ein ganz anderes Selbstverständnis entwickeln und sich etwa der Tatsache bewusst werden, dass die Gründungsväter keine überzeugten Demokraten waren. Tragender Gesichtspunkt der Darstellung ist jedoch der Klimawandel. Dies geht einher mit einer Bevölkerungsexplosion auf dem afrikanischen Kontinent, was bei abnehmender Nahrungsmittelproduktion und Wasserversorgung massive Wanderungsbewegungen zeitigen wird, die die ökonomischen Grundlagen der Zielländer gefährden dürften. Selbst wenn man die zentrale Prämisse des Verfassers nicht teilt, ist das Buch lesenswert, weil er Entwicklungen darstellt, die auch ungeachtet dieser Prämisse festzustellen sind. Er warnt dabei zu Recht vor dem Optimismus, der auf eine Realitätsverfehlung hinauslaufen würde. Eine Antwort auf diese Entwicklungstendenzen bleibt allerdings aus, weil es diese wohl nicht gibt, sondern man sich der Realität wird stellen müssen.


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