28. Juni 2024

Hayek-Tage der Friedrich August von Hayek-Gesellschaft Netzwerkpreis für das Ludwig von Mises Institut Deutschland e.V.

Dokumentation der Dankesrede Thorsten Polleits als Vertreter des Mises Instituts am 21. Juni 2024

von Redaktion eigentümlich frei

Artikelbild
Bildquelle: Hayek-Gesellschaft Thorsten Polleit: Nahm stellvertretend für das Mises Institut den Preis entgegen

Lieber Carlos Gebauer, sehr geehrter Professor Habermann, sehr geehrter Professor Kooths, liebe Gäste, liebe Freunde der Freiheit,

ich bedanke mich sehr für die Auszeichnung, die die Friedrich August von Hayek-Gesellschaft mir heute Abend überreicht!

Ich nehme Sie in Dankbarkeit und stellvertretend entgegen für das Ludwig von Mises Institut Deutschland (LvMID): für alle, die das Mises Institut unterstützen, die vor und hinter den Kulissen engagiert wirken, alle, die das Mises Institut zu dem gemacht haben, was es heute ist.

Ihnen allen gilt mein, gilt unser Dank, den Unterstützern aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und aus vielen anderen Ländern der Welt.

Hervorheben möchte ich an dieser Stelle zwei Personen. Zum einen Andreas Marquart, dem Mitstreiter der ersten Stunde. Ohne ihn wäre das Institut nicht aus der Taufe gehoben worden.

Zum anderen Dr. Andreas Tiedtke, der die Vorstandsposition übernommen hat und mit dem ich nicht nur das tagtägliche Geschäft effizient bestreiten kann, sondern der mir auch zu einem unverzichtbaren Gesprächspartner, Mit- und Vordenker geworden ist.

Sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren, liebe Gäste und Freunde,

ich verhehle nicht, dass ich vor und auch während der Laudatio von Carlos Gebauer recht nervös war. Ich bin es ja gar nicht gewohnt, unter großem Publikum ad personam unter die Lupe genommen zu werden.

Mein Bestreben ist es (und war es stets), das Augenmerk auf die Ideen zu lenken – und nicht auf die sie verkündende Person.

Daher sehe ich die Würdigung, die Sie mir heute stellvertretend für das LvMID verleihen, als besondere Ermutigung an, weiterzumachen, die Arbeit des LvMID noch wirkungsmächtiger werden zu lassen, die Ideen der Freiheit, wie sie Ludwig von Mises in seiner Lehr- und Denktradition ausformuliert und begründet hat, einer noch größeren Zahl von Menschen anzubieten und verständlich zu machen.

An dieser Stelle möchte ich einen Aspekt hervorheben, der die Arbeit des LvMID gewissermaßen besonders macht: Ludwig von Mises hat gezeigt, dass die Volkswirtschaftslehre keine Erfahrungswissenschaft ist.

Er konzeptualisiert die Volkswirtschaftslehre als eine sogenannte apriorische Handlungswissenschaft. Was heißt das? Das heißt, dass wir über ökonomische Gesetzmäßigkeiten Erkenntnis gewinnen können, ohne dass wir dazu auf Erfahrung zurückgreifen müssten (oder könnten).

Beispiel: Wir müssen nicht testen, ob die Ausweitung der Geldmenge die Kaufkraft einer Geldeinheit verringert (im Vergleich zu einer Situation, in der die Geldmenge nicht ausgeweitet worden wäre), das können wir ganz allein durch handlungslogisches Denken begreifen.

Oder: Wir wissen mit apodiktischer Gewissheit, dass der Staat (wie wir ihn heute kennen) keine freiwillige Veranstaltung ist, sondern dass er sich auf Zwang und Gewalt gründet.

Oder: Wir wissen, dass der Staat (wie wir ihn heute kennen) sich früher oder später zu einem Maximalstaat ausdehnt, was in übergriffigem Autoritarismus endet.

Zu diesen und vielen weiteren Aussagen gelangt man, indem man die wissenschaftliche Methode, die Ludwig von Mises erkenntnistheoretisch begründet hat, unbeirrt anwendet.

Die Methodenfrage ist ein zentraler, in seiner Bedeutung gar nicht zu überschätzender Aspekt an dieser Stelle.

Mises vertrat die Auffassung, dass die wissenschaftliche Methode, die in der Naturwissenschaft verwendet wird, sich nicht in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften anwenden lässt. Wer es dennoch tut, gelangt zu falschen Ergebnissen, beraubt die Volkswirtschaftslehre womöglich sogar ihrer Wissenschaftlichkeit.

Die Sozial- und Wirtschaftswissenschaft braucht, so Mises, eine andere, eigene, für ihr Untersuchungsgebiet passende wissenschaftliche Methode – und zwar die, wie Mises sie nennt, „Praxeologie“ oder: die apriorische Handlungswissenschaft.

Wenn man mit ihr gedanklich arbeitet, gelangt man nur allzu häufig zu Aussagen, die nicht selten konträr zur herrschenden Hauptstromökonomik stehen (die sich der wissenschaftlichen Methode der Naturwissenschaft bedient); man gelangt zu Aussagen, die so manche unliebsame Wahrheit zutage befördern.

Und genau hier liegt die Besonderheit des LvMID: Wir und unsere Autoren denken und analysieren apriorisch, handlungslogisch.

Wir sind der Wahrheit verpflichtet – machen keine Konzessionen gegenüber der „herrschenden Meinung“, Institutionen, Parteien, Unternehmensverbänden oder vorgeblichen Autoritäten. Alles wird vielmehr der apriorischen Handlungslogik unterzogen.

Umso dankbarer bin ich, dass die Friedrich August von Hayek Gesellschaft unsere Arbeit würdigt; ich sehe darin ihre offenkundige Freiheitsgesinnung.

Erlauben Sie mir, sehr geschätzte Zuhörer, an dieser Stelle, noch vier kurze Gedanken mit Ihnen zu teilen.

Der erste Gedanke: Ich muss Ihnen allen hier im Raume vermutlich nicht erklären, dass unser aller Freiheit systematisch und gezielt angegriffen wird und die Menschen, die unsere Freiheit angreifen (die sogenannte „Globale Elite“, einflussreiche internationale Institutionen und ihre Financiers, Sonderinteressengruppen, wie sie etwa als Military-industrial Complex bezeichnet werden oder Big Pharma, Big Banking, Big Media und dergleichen, sowie die politischen Parteien, die die globalen Agenden im „Sperrfeuer“ von Leitmedien, staatlichen Bildungsinstanzen und NGOs auf nationaler Ebene umsetzen), sie alle werden nicht aufhören, bis wir – als Ergebnis der Umsetzung dieser Agenden – vollends kontrolliert sind oder, um mit den Worten Hayeks zu sprechen, bis wir vollends „verknechtet“ sind.

Die Umsetzung dieser Agenden – wie beispielsweise Zero C02 oder Deindustrialisierung und Schrumpfwirtschaft, digitales Zentralbankgeld, die autoritäre Festlegung, was Desinformation ist und was „gesichertes Expertenwissen“, Digital-ID und die damit möglichen Freiheitsbeschränkungen in ausgerufenen Krisensituationen und dergleichen mehr – die Umsetzung dieser supranationalen Agenden wird uns verarmen lassen, wird (wenn all das nicht gestoppt und zurückgedrängt wird) zu einem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Niedergang führen.

Freiheit oder Autoritarismus. Es geht um alles oder nichts. Da sollte man sich nichts vormachen.

Der zweite Gedanke: Wenn wir unsere und die Freiheit unserer Mitmenschen behalten wollen, dann müssen wir uns verteidigen. Wir dürfen keinen Illusionen unterliegen, müssen vielmehr die Welt sehen, wie sie ist, dürfen uns nicht mit Rückzugsgefechten begnügen, sondern müssen uns aufmachen, um verlorenes Terrain zurückzuerobern.

Der dritte Gedanke: Wir, die Befürworter der Freiheit, haben die allerbesten Chancen, die Feinde der Freiheit zurückzuwerfen, sie zu besiegen. Denn die Logik, also die unüberwindbare Menschenvernunft, ist auf unserer Seite, steht unüberwindbar gegen die Feinde der Freiheit. Die Richtigkeit des Arguments, die Wahrheit ist eine starke intellektuelle Waffe im Kampf um die Ideen. Im Grunde ist der intellektuelle Kampf schon längst zugunsten der Freiheit entschieden. Doch warum befindet sich die Freiheit denn dann immer noch im Rückzug?

Das bringt mich zum vierten Gedanken: Ein zentraler Schlüssel, um die Kräfte der Freiheit wirksam zu entfesseln und mit ihnen die Welle der Unfreiheit zurückzuwerfen, ist die Aufklärung: und zwar die Aufklärung, wie sie der Königsberger Philosoph Immanuel Kant (1724–1804) formuliert hat.

Wie wir heute auch, so lebte Kant in einer Zeit der Anti-Aufklärung: Die Menschen wurden zu Kants Zeit entmutigt, sich ihres eigenen Verstandes selbständig zu bedienen. Sie wurden, wie Kant es sagte, in einen geistigen „Gängelwagen“ gesperrt.

Kant teilte dann jedoch seinen Mitmenschen unumwunden mit, dass sie den Mut fassen und ihre Faulheit überwinden müssen, sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen: Sapere aude! Wie er das Motto der Aufklärung nannte.

Dem Menschen ist, so Kant, das Ideal der vernünftigen Autonomie in Aussicht gestellt: Unsere Vernunftbegabung kann uns erkennen lassen, dass wir nach selbst gesetzten Regeln in der Gemeinschaft einträchtig miteinander leben können, ohne dass eine Gruppe die andere beherrscht, sozial unterdrückt und ökonomisch ausbeutet.

Also mit Aufklärung gegen die Anti-Aufklärung! Das ist von Kant auch heute noch zu lernen!

Lassen Sie mich noch einen letzten (fünften), recht persönlichen Gedanken hinzufügen.

Als ich als junger Ökonom auf die Ideen der Freiheit gestoßen bin, dachte ich, ökonomische Aufklärung sei der Schlüssel, um die Unfreiheit zurückzuschlagen. Nach dem Motto: Die besseren ökonomischen Ideen obsiegen. Das war auch eines meiner Gründungsmotive für das LvMID im Sommer 2012.

Es dauerte einige Jahre, doch dann ging mir ein Licht auf, dass nämlich ökonomische Aufklärung allein nicht ausreicht, dem unaufhörlichen Vordringen unfreiheitlicher Ideologien etwas Wirksames entgegenzusetzen.

Ich war in Kontakt gekommen mit Ideen, die besagen, dass das Vordringen der Unfreiheit psychologische Gründe habe: Viele Menschen hätten falsche, ja feindselige Einstellungen zu sich und ihrer Lebenswelt, Einstellungen, die sie in Konflikt zur Realität bringen, die zur Zerstörung ihrer Freiheit und auch der Freiheit ihrer Mitmenschen führen.

Mittlerweile denke ich jedoch, dass ökonomische Aufklärung auch zusammen mit psychologischer Läuterung allein immer noch nicht ausreichen, um die drohende Tyrannei abzuwenden – und auf nichts anderes läuft ja der Sturmangriff derjenigen hinaus, die die Ideen der Unfreiheit verbreiten und in die Praxis umzusetzen trachten.

Ich denke heute, ohne eine Rückkehr zu christlichen Werten, zum Christentum, zu Gottes Wort, wie es in der Bibel niedergeschrieben ist, lässt sich der Kampf nicht gewinnen. Die Gewalten, die sich hinter der Unfreiheitsidee verbergen, sind zu gewaltig, als dass wir Menschen sie allein beherrschen und bezwingen könnten.

Dazu ein Bibelzitat aus dem Alten Testament, Epheser, 6. Kapitel, Vers 6: „Denn wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit Mächtigen und Gewaltigen, mit den Herren der Welt, die über diese Finsternis herrschen, mit den bösen Geistern unter dem Himmel.“

Also nicht unsere Mitmenschen sind die Feinde, sondern die Feinde sind die finsteren Ideen, die Menschen zu schlechtem Handeln verleiten. Die bösen Ideen sind es, die wir überwinden müssen.

Und das bringt mich noch mal zurück zum LvMID.

Über die Jahre hinweg ist es mehr und mehr zu einem Thinktank aufgestiegen, einem Ideengeber, einer Institution, die Reichweite hat, die Menschen für die Freiheitsidee begeistert, die sie zu „Fans“ macht, die erfreulicherweise auch immer mehr junge Menschen in ihren Bann zieht.

Diese Erfahrung hat mir gezeigt, dass die Idee der Freiheit, wenn sie überzeugend vorgebracht und eingängig erklärt und verstanden wird, im Grunde ein Selbstläufer ist.

Wenn wir alle den Mut fassen und unsere Feigheit und Faulheit überwinden, dann lässt sich die Freiheitsidee nicht aufhalten. Und wenn ich wir sage, dann meine ich vor allem auch die Friedrich August von Hayek-Gesellschaft als Mitstreiter.

Zusammen und mit Gottes Hilfe werden wir die Kräfte der Unfreiheit zurückdrängen und intellektuell unschädlich machen – und damit den Weg zu einer freiheitlichen, auch friedvolleren und damit besseren Welt ebnen.

Ich danke daher nochmals ganz herzlich für die Auszeichnung, lieber Carlos Gebauer, lieber Professor Habermann und lieber Professor Kooths (stellvertretend für die Friedrich August von Hayek-Gesellschaft), und ich danke Ihnen, sehr verehrtes Publikum!

Und jetzt rufe ich Ihnen zu: Venceremos! Wir werden siegen!

Und (mit Blick auf die morgige Freiheits-Preisverleihung, auf die wir uns wohl alle freuen): Viva la libertad – carajo! Es lebe die Freiheit, verdammt!

Herzlichen Dank – und Gott schütze Sie alle!


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