23. April 2024

RezensionJohannes Zeller: Meißen intern

Die Geheimpolizei der SED (Studien zur Zeitgeschichte)

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Autor Johannes Zeller, der auch Werke zur Gleichschaltung der LDP in den Jahren 1948 bis 1950 und zum Leben des LDP-Politikers Hermann Kastner veröffentlichte, hat mit dem vorliegenden Buch eine bildhafte Beschreibung der Kreisdienststelle Meißen des Ministeriums für Staatssicherheit von 1950 bis 1989 vorgelegt. Anhand von Originaldokumenten aus den Akten, die circa 50 Prozent des Gesamtwerkes ausmachen, werden wichtige Entwicklungen nachgezeichnet. Die übrigen 50 Prozent sind sachliche Berichte und die Kommentierung der Dokumente, heute oft „Einordnung“ genannt. Erschreckend dabei der Einfluss der 40 Mitarbeiter der Kreisdienststelle auf alle gesellschaftlichen Bereiche, aber auch faszinierend, wie gewöhnlich und oft banal die Vorgänge sind. Die LDP in der Zeit der Gründung der DDR hat es dem Autor angetan, ebenso die Ausreiseanträge (aus der DDR), überproportional von Mitarbeitern der Königlichen Porzellanmanufaktur Meißen, das Verhältnis zur SED-Kreisleitung, die „operative“ Arbeit sowie die Vorgänge rund um den 7. und 8. Oktober 1989 in Dresden. Deutlich wird aber auch, wie Geheimdienste im Inneren eines Staates generell arbeiten. Es wird sich heute von den Methoden des Verfassungsschutzes nicht wesentlich unterscheiden. Auch das MfS hat in Demonstrationen kleine Gruppen von „Spezialkräften“ in Zivilkleidung eingeschleust, um „Rädelsführer“ zu identifizieren und gegebenenfalls sofort zu verhaften. Die regulären Polizeikräfte hatten davon meist keine Kenntnis. Neben diesen „operativen“ Maßnahmen in der Öffentlichkeit dominieren die Überwachung und die damit zusammenhängende „Verwaltung“ von Personen. Am besten gefallen hat mir das Organigramm. Referat I: Auswertung/Information, Referat II: Sicherung Volkswirtschaft, Referat III: Bekämpfung politischer Untergrund, Referat IV: Schutz- und Sicherheitsorgane, Referat V: Sicherheitsüberprüfung/Ermittlungsfehler. Dazu kamen ein Kraftfahrer, ein Funker, drei Schreibkräfte, eine Sekretärin, fünf Wachposten sowie ein Hausmeister.


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