13. April 2022

Wenn die Verantwortungslosigkeit regiert Ein Blick in die Spiegel

Die Bewertung eines Rücktritts

von Oliver Gorus

Dossierbild

mittwochs um 6 Uhr

Eigentlich möchte ich nicht in die Spiegel schauen … Im Ernst, mir graut davor, was im Inneren der Politikerin Anne Spiegel vorgeht.

Ihre Parteifreunde von den Grünen, für die sie durch ihre offensichtlichen Fehlentscheidungen, ihre trotzig-bockige Egozentrik, ihre Lügen und ihre bizarre Kommunikation zur Belastung geworden war, beeilten sich, nach ihrem Rücktritt eine Geschichte von Transparenz und Offenheit zu erzählen, die irgendwie ihre präzedenzlos schlecht inszenierte Presseerklärung mit Abbinder erklären sollte: Der Parteivorsitzende Omid Nouripour zollte ihr dafür „große Anerkennung und großen Respekt“ – dabei stimmte es schlicht nicht!

Transparenz und Offenheit? Frau Spiegel war nicht transparent und offen gewesen, sondern sie hatte gegenüber der „Bild“ und der „Tagesschau“ glatt gelogen, als sie behauptete, sie habe in ihrem vierwöchigen Urlaub während der Flutkatastrophe an jeder Kabinettssitzung per Telko teilgenommen – sie hatte laut den Protokollen an gar keiner Kabinettssitzung teilgenommen. Die damalige Umweltministerin von Rheinland-Pfalz hatte einfach eiskalt Urlaub von ihrer Zuständigkeit für Naturkatastrophen gemacht, während die Flutopfer im Schlamm gewühlt und getrauert haben. Und das gleich vier Wochen lang!

Die Verantwortung dafür wollte sie, verantwortungsavers wie sie eben ist, öffentlich ihrem Mann zuschieben, weil der den Urlaub gebraucht hätte. Wie abgeschmackt. So hat sie versucht, ihr Versagen moralisierend von sich abgleiten zu lassen, nachdem ihr schon das Vertuschen und Aussitzen misslungen ist. Wozu? Um doch noch irgendwie Pöstchen und Pensiönchen zu behalten. Bah!

Endlich Urlaub!

Nein, die Unwahrheit zu behaupten ist nicht transparent. Und unter dem öffentlichen Druck private Informationen zu veröffentlichen, wie etwa den gesundheitlichen Zustand ihres Mannes oder die psychische Verfassung ihrer kleinen Kinder, um damit die moralische Opferkarte zu spielen, ist auch nicht offen, sondern sowohl unsouverän als auch eine Unverschämtheit.

Des Weiteren gebührt einer Politikerin, die für 134 Tote einer Flutkatastrophe durch unterlassene Vorwarnung mitverantwortlich ist, kein Respekt, sondern eine strafrechtliche Untersuchung. Und eine Familienministerin, die ihren kranken Ehemann instrumentalisiert und die es nicht schafft, ihre Kinder gut durch die Corona-Maßnahmen zu lotsen, braucht keine Anerkennung, sondern Kritik: Ein Familienminister sollte heutzutage mindestens in der Lage sein, Berufliches und Privates so zu vereinbaren, dass beides nicht leidet. Das sind die Basisanforderungen, die schließlich jeder von uns zu bewältigen hat, seit wegen der verrückt hohen Steuern und Abgaben ein einzelnes Gehalt nicht mehr zum Unterhalt einer Familie ausreicht.

Frau Spiegel kann ja nun, da sie nach ihrem Rücktritt Zeit hat und keine Verantwortung mehr für die Bürger trägt, einfach mal Urlaub mit der Familie machen und sich um ihren kranken Mann und ihre Kinder kümmern. Dort wird sie gebraucht. In einer Regierung braucht sie keiner: Es gibt in Deutschland Millionen von Menschen, die von ihren charakterlichen und familiären Voraussetzungen her besser für ein solches Amt geeignet sind als sie. (Und das bedeutet nicht, dass die anderen Minister oder der Kanzler fähiger wären.)

Leben wie Marx, nur in Grün

Die „zweite Spiegel-Affäre“ ist aber nicht nur eine Posse, nicht nur eine kleine Geschichte eines politischen Komplettversagens mit Todesfolge, nicht nur ein charakterlicher Abgrund, sondern auch ein Spiegel unserer Zeit: Alles haben wollen, ohne den Preis dafür bezahlen zu wollen. Ansprüche erheben, ohne Leistung zu erbringen. Leben auf Kosten der anderen. – Was Frau Spiegel hier konsequent vorgelebt hat, ist eine Kultur der Verantwortungslosigkeit. Diese Kultur ist der Kern des Programms der kollektivistischen Parteien aller Farben. Sie ist die vorherrschende Kultur unserer Zeit.

Deren geistige Wurzeln reichen zurück bis zum notorischen Schmarotzer und Ultrakollektivisten Marx. Ihr den Anstrich von moralischer Überlegenheit zur verpassen und sie komplett zu emotionalisieren, ist allerdings vorrangig eine „Leistung“ der Grünen.

Wenn die Grünen und ihr Klientel Führungslosigkeit, Prinzipienlosigkeit, Egozentrik und nackten Zwang zu „Verantwortung“ umetikettieren, stolpern ihnen die Politiker der anderen Parteien mangels eigener Konzepte von der Welt einfach nur kopflos hinterdrein. Im Ergebnis regiert in Deutschland wieder die Verantwortungslosigkeit. Ich fürchte den historischen Morast, in den sie uns diesmal hineinschliddern lässt.

Der Crash kommt

Dies allerdings ist nicht etwa ein Versagen der Politiker oder der Parteien, sondern einfach nur eine logische Folge der Parteiendemokratie. Es hilft nichts, andere Parteien zu wählen oder andere Parteien zu gründen: So oder so sind es eben Menschen wie Anne Spiegel, die Parteikarriere machen: Dreistigkeit und Ehrgeiz stechen da Kompetenz und Persönlichkeit jederzeit. Berufspolitiker sind Freiheitsfeinde von Beruf. Sie sind ideale Marionetten für die Interessen anderer Akteure (Big Pharma, Nato oder Energiewendeprofiteure beispielsweise) zulasten der individuellen Freiheit aller Bürger. Und fachliche oder kommunikative oder charakterliche Kompetenz sind für ein Marionettendasein schlicht nicht nötig, wenn nicht gar hinderlich.

Weil die Parteien in unserem politischen System durch eine offensichtliche Fehlkonstruktion der Verfassung über den klassischen drei Gewalten Legislative, Exekutive und Judikative rangieren – und jene durch Besetzung der Spitzenpositionen mit Parteimitgliedern kontrollieren –, gibt es hierzulande leider keine Gewaltenteilung, die verhindern könnte, dass die charakterlich deformierte Negativauswahl der Parteikarrieristen das Land und damit die Lebensumstände der Bürger vor die Wand fährt.

Die Tatsache, dass in diesem Fall die „Bild“-Zeitung, also ein Akteur der vierten Gewalt, die Ministerin investigativ in die Enge trieb, bis sie schließlich unter dem Druck der sozialen Medien zusammenbrach, ist lediglich ein vorübergehender Betriebsunfall der Parteistrategen: Die „Bild“-Zeitung und die Social Media müssen sie halt noch mittels Personalien und Zensur vollends in den Griff bekommen, um künftig der Verantwortungslosigkeit hemmungslos und ungestraft frönen zu können.

Die Kultur des Lebens auf Kosten der anderen ist beinahe schon auf ihrem Zenit angekommen. Was wird das für ein Getöse geben, wenn diese Kultur anschließend mitsamt dem von ihr zerfressenen Gemeinwesen zusammenbricht!


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