09. März 2022

Go woke, go broke Der Westen ist tot, es lebe der Westen!

Wie das Eigentum den Menschen menschlich macht

von Oliver Gorus

Dossierbild

mittwochs um 6 Uhr

Der Westen stand einmal für Freiheit. Und damit meine ich natürlich individuelle Freiheit, weil Freiheit grundsätzlich nur die Freiheit des Individuums sein kann. Alles andere, was unter „Freiheit“ gehandelt wird, ist Propaganda.

Der Westen stand für das Selbstbewusstsein und die Selbstverantwortung, für die Stärke des Einzelnen, der nicht einem Kaiser, nicht einer Partei und nicht einem Staat gehört, sondern nur Gott und sich selbst. Und er stand für das Eigentum. Und für den Wohlstand, der, wenn das Eigentum investiert wird, blüht, Früchte trägt und geerntet werden kann, für alle daraus entspringt. Für Fortschritt und für Entwicklung.

Aber für all das steht der Westen nicht mehr. Denn der Westen ist in einer geistig-seelischen Sinnkrise: Er ist jetzt woke.

Ein Quantum Wir

Das heißt, er ist schwach, unattraktiv, unfruchtbar, wehrlos, ängstlich. Deswegen wird er ja auch angegriffen: Von Putin und der chinesischen KP oder von sozialkassenplündernden Migranten aus Zentralasien und Afrika.

Dafür ist er politisch korrekt und will im moralischen Sinne gut dastehen. Natürlich ist er eigentumsfeindlich, vom Gift des marxistischen Materialismus durchtränkt. Das perfekte Substrat für einen neuen Schub des wuchernden Sozialismus.

Der Westen erstarrt in Verstaatlichung und Zentralisierung. Er enteignet das Individuum, indem er nicht nur dessen Eigentum in riesigem Maßstab über Steuern, Abgaben und strategische Inflation kollektiviert, sondern indem er mittlerweile sogar dem Individuum das Selbsteigentum abspricht.

Ich hätte das ja vor Corona nie für möglich gehalten, aber in diesem Woke-Westen bin ich nicht mehr Eigner, sondern Gemeingut. Ich werde vom Staat verwendet – über meinen Körper und meine Lebenszeit kann verfügt werden für den höheren Zweck des Kollektivs. Die Privatsphäre ist an den Staat verlorenes Terrain. Nicht mehr ich entscheide, an welcher Versammlung ich teilnehme, welchen Sport ich wann mache, wen und wie viele ich in meiner Wohnung treffe, ob und wann ich wohin verreise, was ich esse, welchen Antrieb mein Auto hat, wenn mir überhaupt eines gestattet wird. Meine früher mal unveräußerlichen Freiheitsrechte sind für Wohlverhalten verteilbare Privilegien geworden.

Ich kann dann nur noch gehorchen und funktionieren, ich gehe auf in der Masse, ich werde, wenn ich mich darauf einlasse, zum Trost berauscht vom alles durchdringenden Gefühl der Stärke, das aus der Masse entspringt und das meine innere Leere füllt und meine Schwäche kompensiert.

Ich bin dann kein Einzelner mehr, sondern Molekül des Kollektivs, ein Quantum Wir. Immer im Krieg mit dem Ihr. Ich bin Untertan. Beherrschter. Mittel zum Zweck. Im öffentlichen Raum bin ich Objekt, kein Subjekt. Ich zeige Haltung. Werde verdinglicht und verbraucht. Kanonenfutter. Knecht. Teil der Impfquote. Rädchen im Getriebe.

Ich höre auch auf, selber zu denken, ich verlerne das komplett. Stattdessen werde ich vom Staat beim Denken von klein auf betreut, indoktriniert, hypnotisiert. Ich bete die Formeln und Wendungen nach, die der Staatsfunk und alle Repräsentanten der herrschenden Parteien und ihre Freunde mir in kultischer Wiederholung vorbeten. Und mein Verhalten ist unter totaler Kontrolle durch umfassenden gewaltbewehrten Zwang.

Die Eigenschaft

Muckt einer auf in einem Anfall von Würde, indem er auf sein Eigentum oder eine eigene Meinung besteht, indem er den Staat und seine willfährigen Helfer als das bezeichnetm was sie sind – Diebe, Räuber, Banditen, Tyrannen –, dann greift der Reflex des Ausstoßens aus der Gemeinschaft, mit immer den gleichen Vorwürfen: „Du bist Kapitalist, du bist egoistisch, du bist kalt, gefühllos, herzlos und unsolidarisch!“

Aber nichts ist unwahrer als das.

Nur wenn ich meinen eigenen Raum einnehme und Eigner meines Körpers bin, kann ich selbstbestimmt Gutes tun. Nur wenn ich Eigner meiner Lebenszeit bin, kann ich die investieren – für mich und die meinen. Und zum Nutzen aller, was meistens Hand in Hand geht in einer Marktwirtschaft.

Wenn ich Eigner meiner Werke bin, kann ich sie verwerten und damit das Leben der Menschen beeinflussen. Das heißt, ich kann wirksam und signifikant sein, mein einzelnes Leben erhält Bedeutung und Sinn.

Nur wenn ich Eigner bin, kann ich teilen, denn was soll ich denn geben, wenn ich nichts habe? Nur wenn ich Eigner bin, kann ich lieben, denn welches Herz soll ich verschenken, wenn mein Herz nicht mir, sondern dem Staat gehört? Selbst beim Sex gilt das: Ich kann mich nur einem anderen Menschen hingeben, wenn ich mir selbst gehöre. Bin ich nicht bei mir, ist der Akt nur Sport oder nackte Mechanik.

Nur wenn ich mein bin, kann ich „dein“ sein. Nur dann kann ich meinen Brief oder meine Textnachricht unterschreiben: Dein Oliver! Nur als Eigner kann ich tauschen und kaufen und verkaufen und wirtschaften, Wert schöpfen, Wohlstand erwirtschaften.

Und nur dann kann ich überhaupt haften und verantworten. Nur dann kann ich vorsorgen. Ich kann keine Verantwortung tragen, indem ich mache, was von mir gefordert wird. Indem für mich entschieden wurde. Ich kann dann nur noch gehorsam sein.

Nur als Eigner bin ich Träger meiner Würde.

Menschlich, allzu menschlich

Von wegen kalt! Fürsorge, Caritas, ist nur echt, wenn freiwillig. Ich helfe der Verwandtschaft, dem Nachbarn, auf Gemeindeebene, Stadtteilebene. Und zwar, weil ich das will. Denn ich bin verbunden mit den Menschen, mit denen ich meinen Lebensraum bewohne. Das ist auch das Ergebnis eines gesunden Egoismus, denn anderen Menschen zu helfen, ist ein natürlicher Überlebenstrieb jeder in Sozialverbünden lebenden Spezies: Wer stark und gesund ist, hilft den Schwächeren, Kranken, auch aus Vernunft, weil man erstens im Sozialverbund jede Hand gebrauchen kann und man zweitens selbst einmal in eine Situation der Hilfebedürftigkeit kommen kann. Darum ist der Selbsterhaltungstrieb kein Gegensatz zu Nächstenliebe, Freundschaft, Familienehre.

Dieser urmenschliche Mechanismus, der Gesellschaften im Innersten zusammenhält, geht verloren, sobald ein Sozialstaat versucht, die Caritas an sich zu reißen und zur Wahlstimmengewinnung auszubeuten. Nicht der Eigner, sondern der Staat ist ein eiskaltes Monster, er ist es, der keine Nächstenliebe kennt, keine Fürsorge, keine Nachbarschaftshilfe. Er kennt nur Macht. Und je lauter er „Solidarität“ einfordert, desto kälter und machtgeiler ist er.

Die willigen Helfer des Staats missbrauchen das Wort Solidarität, sobald sie es in den Mund nehmen: Das Ersetzen echter solidarischer Hilfe durch kollektiven Raub und Umverteilung der Beute ist ein episches Verbrechen. 

Echte, weil freiwillige Fürsorge ist menschlich – Sozialstaat dagegen ist unmenschlich: Ein menschenverachtendes Machtgewinnungssystem, das den Trieb zur Menschlichkeit ausbeutet und über die erlernte Hilflosigkeit der Transferempfänger generationenüberdauernde Abhängigkeit züchtet.

Das Framing des Sozialstaats als etwas moralisch Gutes ist zynisch, eine orwellsche Umwortung wie „Freiheit ist Sklaverei“.

Sozialstaat ist nicht menschlich, sondern woke. Aber „everything woke turns to shit“, wie Donald Trump es kurz und treffend ausdrückte. Go woke, go broke. Der einzige Trost unserer Zeit ist, dass bis jetzt jeder sozialistische Staat über kurz oder lang zusammengebrochen ist.

Was danach kommt, wird eine Feier des Eigentums werden. Da bin ich mir ganz sicher.


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