23. Februar 2022

Machtrausch für Dummies Das Einzige, was stört, ist der Bürger

Stellen Sie sich mal vor, Sie wären Politiker

von Oliver Gorus

Dossierbild

mittwochs um 6 Uhr

So ein Berufspolitiker-Dasein könnte so schön sein! Stellen Sie sich vor, Sie wären durch Intrigen, Absprachen mit Ihren Seilschaftlern, Lügen, falschen Versprechungen, den exzessiven Gebrauch von Allgemeinplätzen und wohlklingenden Phrasen und vor allem durch fortgesetztes Moralisieren an die Macht gekommen, also an ein mit Pensiönchen bestücktes Pöstchen wie zum Beispiel ein Staatssekretärs- oder Ministeramt … Na? Haben Sie’s vor Augen?

Jetzt könnten Sie so richtig schön Macht ausüben. Sie können, wenn Sie lustig sind, den Untertanen alles Mögliche aufnötigen, Sie können in Talkshows Angst und Schrecken verbreiten, hemmungslos der Bigotterie frönen, lügen, was das Zeug hält, Gewalt anordnen, wenn es Ihnen passt, und natürlich Geld scheffeln! Geld, das hart und ehrlich arbeitenden Leuten weggenommen worden ist. Also Leuten, die so blöd sind, zu arbeiten, anstatt auf Kosten anderer zu leben, wie eben ein kluger und weitsichtiger Berufspolitiker wie Sie das von Anfang an vernünftig karrieregeplant hat.

Demokratie ist einfach toll

Da schauen Sie also wöchentlich auf Ihre Popularitätswerte, sorgen über Ihre Freunde in Ihren PR-Abteilungen, also in den Sendeanstalten, für gute Einladungen in gute Talkshows zu guten Themen, schauen wöchentlich auf Ihr wachsendes Bankkonto, das ohnehin schon üppig wäre, das aber außerdem durch Maskendeals oder sonstige Beraterverträge noch schön geboostert wird. Wahlweise schauen Sie auf das Bankkonto Ihres Lebenspartners, der das Geld einstreicht, das Sie nicht öffentlich angeben wollen. Jedenfalls freuen Sie sich, wie strunzdumm die große Masse der Untertanen ist. Diese Plebs! Zum Schreien komisch! Und Sie freuen sich, zur Klasse der Fürsten zu gehören, denn Sie können so nicht nur absahnen, sondern auch ihre psychopathischen Neigungen ausleben.

Viel cooler als früher die Monarchie! Damals mussten Sie das Glück haben, in die richtige Familie geboren zu werden. Heute können Sie einfach der Jugendorganisation einer Partei beitreten, und wenn Sie nicht zu aufrichtig sind, läuft der Rest von ganz alleine. Demokratie ist schon eine großartige Sache. Einfacher kommen Sie als charakterlich deformierter Durchschnittsmensch nicht zu Macht über andere. Und das Ganze wird auch noch finanziert durch die, die sich beherrschen lassen. Diese Volltrottel.

Wenn die da nur nicht immer mit ihren dämlichen Rechten rumhantieren würden! Freiheit hier, Freiheit da. So nervig! Da wollen sie schon Untertanen sein und dann stellen sie doch noch Ansprüche.

Und dann pöbeln die auch noch in den Social Media rum. Eine Pest! Da halten die Ihre Lügen von gestern fest und vergleichen sie mit Ihren Lügen von heute. Das ist schon ein bisschen peinlich. Seit Neuestem latschen die auch noch blöd in den Städten hin und her und protestieren gegen irgendwas. Ihre Freunde in den PR-Sendern schweigen die zwar immer schön tot, aber es werden trotzdem immer mehr. Die nehmen dieses Versammlungsfreiheitsdings ein bisschen arg ernst. Das ist schon fast ein bisschen bedrohlich. Was machen Sie, wenn der Mob so richtig abgeht, so wie gegen Ceaușescu oder Gaddafi?

Das müssen Sie schon verhindern. Wehret den Anfängen!

Lästig, lästig

Also das mit den Freiheitsrechten ist schon sehr unangenehm. Abwehrrechte gegen den Staat … Pfff! Dagegen müssen Sie doch was machen können … Wie kam’s überhaupt erst dazu?

Ein lästiges Erbe der Geschichte ist das natürlich wieder mal. Als 1215 der englische Adel revoltierte, ertrotzte er sich mit der Magna Carta einen Katalog wild zusammengewürfelter Rechte, die allerdings auch einen Passus enthielten, der historisch äußerst wirksam geworden ist, denn da stand: „Kein freier Mann soll verhaftet, gefangen gesetzt, seiner Güter beraubt, geächtet, verbannt oder sonst angegriffen werden; noch werden wir ihm anders etwas zufügen, oder ihn ins Gefängnis werfen lassen, als durch das gesetzliche Urteil von Seinesgleichen oder durch das Landesgesetz.“

Hm! – Das ist eigentlich nichts anderes als die Errichtung des Rechtsstaatsprinzips. Sehr unbequem! Das heißt ja dann, dass Sie mit den Untertanen nicht einfach machen können, was Sie wollen. Uff. Wie anstrengend!

Und diese blöde Magna Carta wirkt irgendwie bis heute, beispielsweise beeinflusste sie die Bill of Rights der Amerikaner, die die ersten zehn Zusatzartikel der Verfassung der Vereinigten Staaten umfasst. Und da stehen unerhörte Sachen drin: Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit, Schutz der Person, der Wohnung, des Eigentums – brrrrr. Dass das wirklich sein muss! Das behindert nämlich total das Durchregieren. Es wäre nun wirklich schön, wenn diese klugscheißerischen Rechte nicht wären. Die finden sich nämlich so ähnlich auch im deutschen Grundgesetz.

Zu dumm

Aber für Sie ist dann doch wirklich wunderbar, dass sich ein paar Ihrer Kollegen da was Cleveres ausgedacht haben mit diesem Infektionsschutzgesetz. Die Bürger sind ja so dumm! Die kapieren gar nicht, wie Sie sie veräppelt haben. In der Schule lernen die noch, dass die Grundrechte unveräußerlich wären – und dann kommen Sie mit so einem Popelgesetz und nehmen ihnen ihre klapprigen Rechte einfach weg. Einfach so. Handstreichartig. Wegen eines komischen Virus, an dem auch nicht mehr Leute sterben als an Grippe und bei dem das mittlere Sterbealter über der Lebenserwartung liegt! Hihihi. Genial.

Die Gewaltenteilung haben Sie damit auch gleich noch mitkassiert, und das vereinfacht vieles. Das Parlament, diese olle Showbühne, wird ja ohnehin überbewertet. Ist halt ein Fernsehstudio wie andere auch. Dass Ermächtigungsgesetze historisch keinen so guten Leumund haben, ist ein bisschen ungerecht. Die sind nämlich einfach praktisch.

Und das mit der Impfpflicht checkt der Pöbel auch nicht. Selbstverständlich ist die verfassungswidrig. Die ist ja weder notwendig noch wirksam noch verhältnismäßig. Aber Sie haben doch längst Ihre Leute im Verfassungsgericht untergebracht. Und die halten Ihnen den Rücken frei. Die bestätigen einfach alles, was Sie machen. So cool.

Wie Sie das alles hingedreht haben, ist wirklich lässig: Vor der Wahl haben Sie und Ihre Freunde, über alle Parteien hinweg, beteuert, dass Sie auf gar keinen Fall eine Impfpflicht wollen. Ohne mit der Wimper zu zucken. Das war nötig, denn wenn die Dummies gewusst hätten, was Sie da vorhaben, dann hätten die am Ende noch irgendwelchen Mist gewählt. Alle haben Sie es geheuchelt. Wer auf Parteilisten nach oben kommt, kann eins ganz bestimmt: schauspielern. Und nach der Wahl haben Sie einfach das Gegenteil gemacht. Zack!

Alle Bürger können das im Internet in den Social Media sehen: vorher – nachher. 180 Grad gedreht. Und das ist echt das Größte: Die können gar nix machen! Ha! Es ist nämlich einfach egal. Weil jetzt sind Sie gewähähält. Ätschibätsch. Und jetzt machen Sie einfach, was Sie wollollollen. Jubiduuu.

Zurück in die Zukunft

Und die Wähler sind ja dermaßen einfältig, die haben das bis zur nächsten Wahl glatt wieder vergessen. Die wählen dann die Gleichen, die sie jetzt betrogen haben, nämlich Sie. Das ist ja der große Vorteil einer Demokratie: Die dummen Kälber wählen ihre Metzger selber. Urkomisch.

Dass die das mitmachen? Na ja, die glauben ja, irgendwas wählen zu müssen, denn Sie haben ihnen ja von klein auf von Ihren Freunden in den Lehrerzimmern ein schlechtes Gewissen eintrichtern lassen, dass nämlich nicht wählen Extremismus wählen bedeutet. Was natürlich Quatsch ist, aber die glauben sowieso jeden Quark, wenn man ihn oft genug wiederholt und dabei nur genügend moralisiert … und das ist ja sowieso Ihre Spezialdisziplin.

Okay, und wenn die sich jetzt ganz blöd anstellen und anfangen Ihnen Ärger zu machen, dann machen Sie’s halt wie Justin Trudeau in Kanada: Sie lächeln in die Kamera und verhaften die einfach alle. Vorher lassen Sie sie noch ein bisschen mit Reiterstaffeln niederreiten, wegen Ihren psychopathischen Neigungen. Darum lassen Sie den Souverän (hahaha!) auch stundenlang einkesseln und ab und zu noch ein bisschen mit Tränengas besprühen, bevor Sie ihm die Arme auf den Rücken drehen lassen – und ab geht’s ohne Gerichtsverfahren, Konten gesperrt, Versicherung weg, Job verloren. Selber schuld. Da sind Sie heute schon einen Schritt weiter als 1215. Oder sind Sie wieder auf den Stand von davor zurückgefallen? – Egal.

Und wenn das alles nicht hilft, dann machen Sie’s einfach wie Ihre Freunde und großen Vorbilder in China: Lassen Sie einfach die Panzer nach Berlin rollen. Zumindest die, die einsatzbereit sind. Das wird ein Spaß!

Freiheitsrechte? Nicht mit Ihnen … Sie sind ja nicht bescheuert. Oder was?


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