15. Juni 2020
Auslandspolitik der USA: Trumps Tragödie: Immer alles falsch
Über das vermeintliche Versagen des US-amerikanischen Präsidenten
von Holger Finn

Als er Truppen schicken wollte, war das falsch. Als er
ankündigte, welche abzuziehen, ebenso. Als er die, die er selbst nie geschickt hatte,
wieder gehen ließ, war das ein weiteres Zeichen von Schwäche. Und als er
befahl, Afghanistan sich selbst zu überlassen, und mit den Taliban ein Abkommen
schloss, war das ein ebenso großer Fehler wie die Verlegung neuer Trupper ins Krisengebiet Naher Osten und die Eskalation der Lage im Iran. Es
ist wie verteufelt: Was auch immer der derzeitige amerikanische Präsident
anpackt und wie auch immer er entscheidet, am Ende fällt das Weltgericht doch
stets dasselbe Urteil. Falsch. Verkehrt. Schlimm.
Seit Trump sich anschickte, als republikanischer Kandidat ins
Präsidentschaftsrennen zu gehen, kann das weltweit einmalige Phänomen
beobachtet werden. Während andere Machthaber zumindest hin und wieder
politische Schritte gehen, die selbst vor den höchsten deutschen Medienrichtern
bestehen können, versagte Trump vom ersten Tag an. Er drohte Nordkorea mit der
Atombombe und lag damit komplett daneben. Dann unterschrieb er eine Art
Friedensvertrag mit Kim Jong-un – und das war noch schlimmer. Er ließ sich von
Putin ins Amt kaufen und zerstörte damit die amerikanische Demokratie. Und
verhängte dann noch härtere Sanktionen gegen seinen russischen Strippenzieher
als Vorgänger Barack Obama. Eine Katastrophe. Als er forderte, dass Deutschland
das Nato-Ausgabenziel von zwei Prozent endlich in Angriff nehmen müsse, war das
ein Affront.
Noch zerstörerischer für das deutsch-amerikanische Verhältnis war aber der
Umstand, dass Trump ein von Rolf Mützenich, dem international geachteten
SPD-Fraktionsvorsitzenden im Deutschen Bundestag – immerhin das größte
demokratische Parlament der Welt – aufgemachtes Ultimatum zum Abzug der
amerikanischen Kernwaffen aus Deutschland einfach unbeantwortet ließ.
Stattdessen droht Trump, er poltert, er twittert: Der US-Präsident gilt
deutschlandweit als Gefährder, als unberechenbar und gefährlich.
Stattdessen ließ Trump seine Mitverschwörer drohen, dass die USA rund 10.000
Bewaffnete aus Deutschland abziehen würden. Frauen und Männer, die hierzulande seit
Jahrzehnten als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme vor allem in Rheinland-Pfalz und in
Bayern stationiert sind, mit dem Rückzug ins Homeland aber Teil von Trumps
menschenverachtender „America first“-Strategie würden. Noch hat die
Bundesregierung keine offizielle Bestätigung aus Washington über den nach
Medienberichten geplanten Abzug von US-Truppen erhalten. Noch könnte
Bundesaußenminister Heiko Maas auf den Tisch hauen und Trump zwingen, seinen
Entschluss zu überdenken und die Ostflanke der Nato doch nicht zu entblößen.
Falscher wird nur sein, wenn Trump die Soldat*innen tatsächlich nach Polen
verlegt, in ein Land mithin, dass nach Erkenntnissen der EU-Kommission von
Corona wirtschaftlich dem Erdboden gleichgemacht wurde, wahrscheinlich als
Strafe für die fortgesetzte Missachtung der gemeinsamen Rechtsstaatsvorgaben,
die Brüssel der Regierung des Rechtspopulisten Jarosław
Kaczyński zuletzt mehrfach nachgewiesen hatte. Hier gesellen sich Gleich und
Gleich, Fehler trifft auf Fehler, Versagen kommt zu Versagen und für jedermann
wird der Unterschied zu den Friedensjahren unter Barack Obama deutlich: Der
Demokrat führte mit mehr als 200.000 Soldat*innen, Soldaten und Soldatinnen
Krieg in sieben Ländern, um Amerikas Kriege zu beenden und die Truppen endlich
nach Hause zu holen. Der Scharfmacher Trump dagegen treibt seine Nation derzeit
in gleich sieben Kriege und bewaffnete Konflikte, und er missbraucht dazu mehr
170.000 Soldat*innen und Soldatende.
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Kommentare
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