03. Oktober 2025
Neu unter Libertären: Mein erster Sommer in Freiheit
Baader-Treffen, Afuerafest und ein lokaler libertärer Stammtisch
von Anna Fornfeist

Was gibt es Schöneres, als auf Gleichgesinnte zu treffen? Ich dachte, Anhänger der libertären Philosophie der Freiheit seien in Deutschland eher rar gesät – umso größer müsse dann die Freude sein, Leute zu finden, die ähnlich denken. Um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, habe ich mich diesen Sommer auf den Weg zu gleich drei libertären Treffen gemacht: dem Roland-Baader-Treffen in Waghäusel-Kirrlach, dem Afuerafest in Regensburg und einem der libertären lokalen Stammtische in Grevenbroich im Rheinland.
Das jährliche Roland-Baader-Treffen fand nun schon zum 13. Mal statt, um des Autors Roland Baader zu gedenken und einen Preis zu seinem Andenken an schöpferische freiheitsliebende Personen zu verleihen. Für mich war es das erste libertäre Event überhaupt in meinem Leben.
Schon die Aussicht, nur einen einzigen Gleichgesinnten zu treffen, wäre ein Gewinn gewesen. Besonders gespannt war ich auf die erste reale Begegnung mit ein paar Internetbekanntschaften. Trotz meiner beim Baader-Treffen noch intakten Anonymität erkannten mich einige, und ich konnte zum ersten Mal ein paar meiner X-Follower persönlich kennenlernen. Was soll ich sagen: So viele intelligente, lebensfrohe Menschen, mit denen man über alles offen reden kann! Das Schöne an Libertären ist, dass man auch bei unterschiedlicher Meinung ein wunderbares Gespräch führen kann. Besonders in Kirrlach nutzte ich die Gelegenheit, ausführlich über Gott und die Welt zu sprechen. Meine durchaus hohen Erwartungen wurden sogar übertroffen. Mein Highlight? Das überschwängliche „Liebesgedicht an den Staat“ von „der Stahlfeder“ Michael Werner.
Das Baader-Treffen war das perfekte Vorspiel für das bislang größte libertäre Sommerfest aller Zeiten – das Afuerafest, eine Premiere. Inspiriert vom inoffiziellen Mantra des argentinischen Präsidenten Javier Milei, „Afuera!“, drehte sich hier alles um die Zusammenkunft freiheitlicher Geister und darum, wie man den Staat aus dem Leben hinauskomplimentiert. Drei Tage lang gab es spannende Vorträge, inspirierende Gespräche und unzählige Freizeitaktivitäten. Ich gebe zu: Von den Vorträgen habe ich nur einen Bruchteil mitbekommen. Stattdessen habe ich Kicker gespielt, Karaoke gesungen, getanzt und Afuera-Bier für einen ganzen Monat genossen. Trotz vieler Menschen und ausgelassener Stimmung hat mich besonders der gelebte Respekt vor dem Privateigentum beeindruckt. Jeder konnte seine Sachen einfach liegen lassen, niemand wäre hier auf die Idee gekommen, sie anzutasten. Dieses Gefühl von Vertrauen und gegenseitigem Respekt ist unbezahlbar. Was ich aber am meisten mitnehme, sind Freundschaften, die ich an diesem Wochenende geschlossen habe. Allein dafür würde ich jedes Jahr wiederkommen – um verstanden zu werden, um endlich wieder normale Gespräche mit normalen Leuten führen zu können.
Zum Abschluss dieses libertären Sommers durfte ich dann beim libertären Stammtisch in Grevenbroich mit dabei sein. Erwartet hatte ich vielleicht zehn Teilnehmer – immerhin ist Nordrhein-Westfalen nicht gerade ein libertäres Eldorado. Und wer kennt Grevenbroich? Doch selbst hier bei einem Provinztreffen kamen wieder rund 50 Libertäre zusammen, um gemeinsam zu essen, zu trinken und libertär zu philosophieren. Es war schon wieder ein Fest.
Überrascht hat mich nicht zuletzt die hohe Zahl junger Libertärer. Ich hätte nicht damit gerechnet – selbst online kannte ich nur wenige in meinem Alter. Sowohl beim Afuerafest als auch beim Roland-Baader-Treffen wurde vielfach angemerkt, dass die Zahl der jungen freiheitlichen Teilnehmer deutlich wächst. Kein Wunder bei den Zukunftsaussichten. Die Jugend wacht auf.
Das Afuerafest ist ohne Zweifel eines der größten Errungenschaften der letzten Jahre für den Libertarismus in Deutschland. Trotz Schmutzkampagnen linker Medien, trotz einer Demo aus traurigen Antifanten und trotz mancher Stolpersteine in der Planung macht es Hoffnung. Die freiheitliche Bewegung lebt. Und sie wächst.
Der libertäre Sommer hat mir Lust gemacht auf mehr. Zum Beispiel auf die Free Cities Conference in Prag, die Hayek-Tage in Weimar oder die Mises-Konferenz in München, um nur mal drei Termine im Oktober zu nennen. Man sieht sich?
Information
Diesen Artikel finden Sie gedruckt zusammen mit vielen exklusiv nur dort publizierten Beiträgen in der am 20. September erscheinenden Oktober-Ausgabe eigentümlich frei Nr. 256.
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