26. Mai 2023
RezensionWassili A. Schipkow: Nach dem Menschen
Ideologie und Propaganda des Transhumanismus in der Postmoderne
Der Autor ist Professor für Philosophie am Moskauer Institut für Internationale Beziehungen des russischen Außenministeriums und schreibt aus christlich-orthodoxer Sicht über das Problem des „Transhumanismus“ mit seinen Ausprägungsformen Genderismus und LGBTQ-Bewegung. Ich beginne mit dem Fazit: Das Werk ist enttäuschend. Nicht nur wegen der abgehobenen Sprache, die sich in einer Massierung von Fremdwörtern wie „Immanentismus“, „Nominalismus“, „dichotom“, „antinomisch“, „Faustianismus“, „eschatologisch“, „Eklektizismus“, „axiologisch“ oder „Ikonoklasmus“ äußert. Für manche Begriffe gibt es nicht einmal einen Wikipediaeintrag. Hauptsächlich aber deshalb, weil das Buch aus einer Aneinanderreihung von Behauptungen besteht, die weder begründet noch hergeleitet werden und keinerlei logische Verknüpfung kennen. Es ist dem Autor zuzustimmen, dass der Zustand des menschlichen Glücks nicht durch äußere Umstände erreicht wird, sondern vor allem durch „innere“, geistige Arbeit. Es reicht aber nicht, dies festzustellen und im Weiteren zu postulieren, dass im transhumanistischen Zukunftsmodell kein Platz für Freiheit sei. Interessant wäre gewesen zu erfahren, wie dies aus christlicher Sicht begründet wird. Und zwar so, dass es ein auch ein säkularer Mensch wie ich versteht. Faszinierend ist, dass der Autor völlig ohne Bezug zum Staat auskommt und antikapitalistisch denkt, da angeblich „der Produktionsprozess so konstruiert“ sei, „dass der Mensch als Mittel zum Profit betrachtet wird“. Auch hier kein Argument. Insgesamt erscheint es, als ob der Autor die mediale Show des Genderns als herrschende Weltanschauung des Westens missversteht und nicht als das, was es nach meiner Auffassung nur ist: Mediengedöns. Beim Lesen fühlte ich mich jedenfalls sehr an Propagandaschriften aus der Sowjetunion erinnert. Auch die ergänzenden Essays (eines Priesters, eines Soziologen und eines orthodoxen Kirchenreferenten) machen es nicht besser.
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