André Lichtschlag - Zur Lage von Nation und Partei
Der Gastkommentar
liberal central
mitgliederzeitschrift des fdp-bezirksverbandes berlin-mitte
ausgabe juli/august 2003 - www.liberal-central.de
Mein Körper gehört diesem Staat, denn der entscheidet, welche Stoffe ich zu mir nehmen darf, auf welche ich bei Strafandrohung zu verzichten habe und für welche er eine zusätzliche steuerliche Preiserhöhung durchsetzt. Bin ich ein Mann, dann muss ich gegen einen Hungerlohn länger als ein Jahr meines Lebens alleine dem Staat dienen und seine Waffen putzen oder ein staatlich-marodes Gesundheitssystem vor dem Zusammenbruch retten. Als Kind werde ich zum Besuch von Schulen gezwungen, die meine Eltern zwangsfinanzieren müssen. Meine Arbeit und damit ein großer Teil meines Lebensinhaltes gehört immer mehr diesem Staat. Inzwischen behält er die Hälfte meines Lohnes gegen meinen Willen für sich. Er legt Bereiche fest, in denen ich arbeiten darf und andere, in denen es mir verboten ist. Der freiwillige Tausch einiger Waren mit freiwilligen Käufern oder Verkäufern ist mir von diesem Staat verboten. Mit seiner Hilfe schützen sich alteingesessene Handwerker, Ärzte, Landwirte, Bergarbeiter, ja mit Hilfe staatlich geförderter Gewerkschaftsmacht letztlich alle beruflich Tätigen vor neuer Konkurrenz und neuen Ideen, vielleicht vor meinen Ideen und vor meiner Arbeit. Dieser Staat behindert mein Denken und verbietet meine freiwilligen Gemeinschaften, wenn mein Denken ihm nicht genehm ist. Dieser Staat zerstört meine Beziehungen zu meinen Freunden und meiner Familie, indem er sich – und nicht mich – für deren Hilfe in allen Lebenslagen zuständig erklärt. Ich muss diese anonyme, teure Maschine dann bezahlen. Auch zwingt dieser Staat mich, mit seinem täglich wertloser werdenden Inflationsgeld zu handeln, obwohl ich und meine Handelspartner andere Währungen bevorzugen würden. Am Ende wird sogar mein letzter Wille missachtet und dieser Staat beteiligt sich auch noch als Leichenfledderer an meinem Erbteil.
Die FDP heute
Die vorstehenden Worte sind der Gründungsagenda der von mir herausgegebenen Zeitschrift entnommen. Als radikal liberale Messlatte an die FDP angelegt zeigen sie auf, wie sehr diese Partei leider noch von konsequentem Liberalismus entfernt liegt. Denn natürlich steht die FDP auch heute noch für Drogenprohibition, Schulpflicht, Handwerksordnung, Kammerzwang, Ärztliche Standesmonopole, Erbschaftssteuer, das Zwangsgeld Euro und den öffentlich – rechtlichen Rundfunk mit Zwangsfinanzierung
Vergleicht man aber die FDP von heute mit ihrem Zustand unter Genscher, so stimmt die Entwicklung hoffnungsvoll. Immerhin verweigerte die FDP als einzige Partei dem geplanten NPD-Verbot die Zustimmung, ist inzwischen am klarsten gegen die Wehrpflicht und gegen die Allmacht der Gewerkschaften aufgestellt, und kämpft noch am ehesten gegen die Subventionen für Landwirte und Bergarbeiter. Schade, dass sich dennoch die alte Klientelpartei FDP z.B. im Bereich Handwerksordnung oder Arzt- und Apothekermonopole von den Grünen in Punkto Liberalität überholen lässt. Es gibt also noch viel zu tun. Nach Genscher kam irgendwann Westerwelle. Und nach Westerwelle irgendwann? Eine konsequent liberale Partei wird jedenfalls mehr denn je gebraucht!
André F. Lichtschlag ist Herausgeber der radikalliberalen Zeitschrift „eigentümlich frei“ (www.eifrei.de)